"Vorvertraglichkeit" bei Rechtschutz-Versicherungen

"Vorvertraglichkeit" bei Rechtschutz-Versicherungen

Versicherungen, insbesondere Rechtsschutzversicherungen, lehnen Leistungen nach Schadensfällen oft wegen "Vorvertraglichkeit" ab. Gemeint ist damit, dass der Ursprung des Schadens zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem der Versicherungsvertrag noch nicht abgeschlossen war. Das heißt aber nicht, dass man jede behauptete Vorvertraglichkeit auch akzeptieren muss.

Nachlese des help-ORF Beitrags vom 01.09.2012

Das Prinzip der Vorvertraglichkeit ist eigentlich ganz einfach, erklärt der help-Jurist Sebastian Schumacher: "Schadensfälle, die bereits entstanden sind, bevor eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen worden ist, sind natürlich nicht versichert. Das ist ganz klar, sonst könnte jeder, der einen Schadensfall hat, noch schnell zu einem Versicherer gehen, eine Rechtsschutzversicherung anmelden und hätte dann schon Deckung."

Ausschluss bei Finanz-Fehlberatung

Gerade bei fehlerhafter Finanzberatung kommt es laut Schumacher dadurch allerdings immer wieder zu unangenehmen Folgen für Versicherungsnehmer: "Wenn also jemand, nehmen wir an, 2005 falsch beraten worden ist und dann 2012 draufkommt, dass ein Beratungsfehler vorliegt, dann nimmt man an, dass der Schadenseintritt 2005 gelegen ist. Wenn die Versicherung sagen wir erst 2007 abgeschlossen worden wäre, dann hätten wir hier keinen Deckungsfall. Also das wäre ein Ausschluss aufgrund der Vorvertraglichkeit."

Ursprung in Mietvertrag

Auch bei Streitigkeiten aus Mietverhältnissen kommt es immer wieder zu Problemen. Liegt der Ursprung eines Rechtsstreites beispielsweise im Mietvertrag selbst, etwa ein überhöhter Mietzins, so gibt es laut Schumacher bei einer später abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung keine Deckung: "Wenn es aber dann einen Fall gibt, der nichts mit dem Vertragsabschluss selbst zu tun hat, sondern in diesem Dauerschuldverhältnis im Bestehen einfach auftritt, wie zum Beispiel eine fehlerhafte Betriebskostenabrechnung die in einem Jahr nicht stimmt, dann wäre hier selbstverständlich Rechtsschutzdeckung gegeben."

Strittige Situationen

Strittig ist auch immer wieder die Frage, ob ein Versicherungsnehmer beim Abschluss eines Versicherungsvertrages bereits mit künftigen Rechtsstreitigkeiten rechnen hätte müssen, etwa bei häufigen Problemen und Streitereien mit einem Wohnungsvermieter. Hier muss man genau differenzieren, erklärt der help-Jurist: "Wenn ich nur es als rein möglich erachte, dass es in diesem Bereich irgendwann einmal ein Problem geben kann, ohne aber einen konkreten Anhaltspunkt zu haben, dann wäre das reine Vorsorglichkeit eine Versicherung abzuschließen. Wenn ich allerdings schon recht fix damit rechne, dass dieser Bereich problematisch werden kann und die Versicherung kann mir das nachweisen, dann könnte tatsächlich sein, dass die Deckung hier abgelehnt wird, weil eben das Problem schon bei Vertragsabschluss erkennbar war."

Wartefristen beachten

Neben möglichen Problem mit Vorvertraglichkeit sollte man laut Sebastian Schumacher übrigens auch noch Wartefristen bei neu abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungen beachten: "Also dass der Versicherungsschutz nicht schon ab dem ersten Tag gilt, sondern dass es eine dreimonatige Wartefrist gibt für die normalen Vertragsangelegenheiten, manchmal sogar sechs Monate bei Streitigkeiten aus Erbrecht, Familienrecht. Weil man eben auch sagt, wenn jemand schon glaubt, dass irgendetwas strittig werden kann, dann soll er nicht noch schnell eine Rechtsschutzversicherung abschließen können um dann die Prozesskosten auf die Versicherungsgemeinschaft überwälzen zu können."

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