OGH verurteilt Raiffeisen wegen Innenprovision
Die Kanzlei Schumacher konnte eine weitere richtungsweisende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erwirken: Banken müssen gegenüber ihren Kunden verdeckte Provisionen offenlegen, damit der Kunde mögliche Interessenskonflikte erkennen kann. Unterbleibt die Offenlegung und hätte die Innenprovision den Kunden gestört, hat er das Recht, das Veranlagungsgeschäft rückabzuwickeln.
Unser Mandant (ein Arzt) wollte Ende 2006 einen Teil seines Vermögens veranlagen. Er war bereits seit über 20 Jahren Kunde der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien. Sein Berater empfahl ihm, 350.000 Euro in den geschlossenen Immobilienfonds "MPC Holland 68" zu investieren. Die Bank war aufgrund der langjährigen Kundenbeziehung bereit, das Agio (Ausgabeaufschlag) von 5% auf 3% zu reduzieren. Der Berater wies den Kläger aber nicht darauf hin, dass weitere 3% der vom Mandanten geleisteten Investitionssumme von der MPC an die RLB NÖ-Wien zurückflossen. Von dieser zusätzlichen Zahlung wusste der Kundenberater selbst nichts. Wenn unser Mandant von dieser zusätzlichen Provisionszahlung gewusst hätte, hätte er die Beteiligung nicht gekauft, sondern stattdessen in eine Vorsorgewohnung investiert.
Richtungsweisende OGH-Entscheidung
Der OGH befasste sich zweimal mit dem Fall: In seinem ersten Beschluss vom 29.06.2017 (8 Ob 109/16m) stellte er fest, dass Banken die grundsätzliche Verpflichtung trifft, ihre Kunden über verdeckte Provisionsflüsse aufzuklären. Im zweiten Rechtsgang wurde der Bank die Möglichkeit eingeräumt, zu beweisen, dass trotz der Provisionsannahme kein Interessenskonflikt vorlag. Dieses Unternehmen scheiterte. In seinem Beschluss vom 26.02.2019 (8 Ob 166/18x) bestätigte der OGH die Ansicht der Untergerichte, wonach die RLB NÖ-Wien ohne Innenprovisionen die MPC Hollandfonds gar nicht vertrieben hätte.
Die Bank traf „spezifische interne Maßnahmen zur Vertriebsunterstützung“ (Bereitstellung von Unterlagen, Produktpräsentationen, Schulungen unter anderem durch Vertreter der MPC, Informationsreisen und Bonifikationen in Form von Golddukaten). All dies zeigt aber ein besonderes Eigeninteresse der Bank am Vertrieb (gerade) dieses Produkts, so der OGH. Dass der Berater von der (zusätzlichen) Innenprovision keine Kenntnis hatte, ist jedenfalls dann irrelevant, wenn die beklagte Bank durch spezielle vertriebsfördernde Maßnahmen – wie hier – Einfluss auf dessen Beratungstätigkeit und die Anlageentscheidung des Kunden nimmt. Eine unabhängige Beratung ist damit trotz Unkenntnis des Beraters von den Provisionszahlungen nämlich nicht sichergestellt.
„Der OGH hat klargestellt, dass die Annahme von verdeckten Provisionen kein Kavaliersdelikt ist“, freut sich Anwalt Dr. Sebastian Schumacher. „Eine Bank muss die Interessen ihrer Kunden bei der Anlageberatung schützen. Nimmt eine Bank hinter dem Rücken ihres Kunden Geld, verletzt sie das Kundeninteresse und haftet dafür.“
Verjährung erst ab Kenntnisnahme der verdeckten Innenprovision
Wenn ein Bankkunde ein Geschäft bei Offenlegung versteckter Provisionen nicht abgeschlossen hätte, kann er die Rückabwicklung verlangen. Die Dreijahresfrist dafür beginnt erst ab Kenntnisnahme der Innenprovision zu laufen. Das bedeutet, dass Kunden auch bei bereits länger zurückliegenden Investitionen erfolgreich Schadenersatzansprüche geltend machen können, wenn sie von verheimlichten Provisionsflüssen erst heute Kenntnis nehmen.
Unsere Hilfe
Die Kanzlei Schumacher ist auf die Vertretung von geschädigten Anlegern spezialisiert. Für unsere Mandanten versuchen wir, schnelle außergerichtliche Lösungen zu erzielen. Fehlt dazu die Bereitschaft der Gegenseite, verfolgen wir die Ansprüche unserer Mandanten vor Gericht mit aller Konsequenz. Gerne stehen wir für eine kostenlose Ersteinschätzung zur Verfügung.