Reiseversicherung: Nicht nachvollziehbare Bedingungen

Versicherungsbedingungen sind schon schwer verständlich, wenn sie konsumentenfreundlich formuliert sind. Wie soll sich dann erst ein Versicherungsnehmer zurechtfinden, der Analogieschlüsse anwenden müsste, um zu wissen, wann seine Versicherung leistet und wann nicht. Es ist fraglich, ob schwer nachvollziehbare Versicherungsbedingungen auch gelten.

Nachlese des help-ORF Beitrags vom 23.06.2012

Katharina K. schloss für einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt eine spezielle Reiseversicherung über ihre Visa-Karte ab. Auf der Card Complete-Website waren dafür in einem Online-Formular alle erforderlichen Daten einzugeben - vom Namen über den Abreisetag bis zur Kreditkartennummer. Und dann war da noch der folgende Text anzuklicken: "Ich möchte meinen Versicherungsschutz wie folgt erweitern: Verlängerung der auf Seite fünf der card complete Reiseschutzinfo bzw. der Versicherungsbedingungen für die card complete Reiseschutzversicherung Artikel vier genannten Reisedauer von 90 Tagen auf maximal sechs Monate.

Leistung abgelehnt

Für die 6-monatige Zusatzdeckung bezahlte die Studentin 139 Euro. Als ihr im April 2011 die Kamera gestohlen wurde, meldete sie den Versicherungsfall und bekam ein paar Tage später ein Ablehnungsschreiben von der Wiener Städtischen Versicherung in dem es wörtlich hieß: "Ihren Angaben entnehmen wir eine Reisedauer vom 5. Jänner 2011 bis 15. Juli 2011. Es liegt somit keine versicherte Reise vor."

Weil die Reise etwas länger als sechs Monate gedauert hatte, lehnte die Wiener Städtische den Versicherungsschutz unter Hinweis auf die Versicherungsbedingungen also komplett ab. Frau K. fühlt sich hinters Licht geführt. Sie habe eine Versicherung bezahlt, die nie gültig war und weder den Diebstahl ersetzt noch die Versicherungsprämie rückerstattet bekommen, sagt sie.

Stellungnahme der Versicherung

Die Wiener Städtische argumentiert in ihrer Stellungnahme an help, dass sowohl in der Reiseschutzinfo als auch in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass Reisen mit erweitertem Versicherungsschutz, die länger als sechs Monate dauern, in ihrer Gesamtheit nicht versichert sind.

Keine klaren Bedingungen

Wenn man sich die keineswegs auf Anhieb zu findenden Bedingungen genauer anschaut, ist dort aber in diesem Zusammenhang nur von Reisen die Rede, die länger als 90 Tage dauern. Help Rechtskonsulent Sebastian Schumacher zufolge fehlt aber eine vergleichbare Regelung für Reisen, die länger als 6 Monate dauern. Es könne hier nicht von einem Versicherungsnehmer vorausgesetzt werden, dass dieser selbst in einer Art Analogieschluss kombiniert, dass eine Versicherungsbedingung, die für eine 90 Tage Reise gilt, in ähnlicher Weise auch für eine sechs Monate Reise gelten soll. Nach Einschätzung des Juristen müsste die Versicherung daher den Schaden bezahlen.

Versicherung ersetzt Schaden

Für die Wiener Städtische sind diese Versicherungsbedingungen hingegen sehr wohl transparent. Dass Frau K. aber weder den Schaden ersetzt, noch die Versicherungsprämie für eine nicht existierende Versicherung rückerstattet bekommt, bezeichnet Wolfgang Reisinger, der Leiter der Schadenabteilung der Wiener Städtischen hingegen als Irrtum. Beides gehe nicht, meint er. Und daher wird man jetzt Frau K. doch den Schaden ersetzen, den sie durch den Diebstahl der Kamera erlitten hat.

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