Nichtige FX-Kredite: Wer trägt Wechselkursverlust?

Nichtige FX-Kredite: Wer trägt Wechselkursverlust?

Der OGH hat in einem vom VKI geführten Verbandsverfahren (Urteil vom 07.09.2021, 1 Ob 93/21d) eine in vielen Fremdwährungskrediten enthaltene Klausel betreffend die Rückzahlung der Kreditsumme als intransparent und damit unwirksam qualifiziert – mit weitreichenden Konsequenzen. Eine Glosse von RAA Lena Maria Urban (veröffentlicht in VbR 06/2021)

Der OGH sieht in seinem Urteil 1 Ob 93/21d die Intransparenz der Klausel im unklaren Verhältnis von Auszahlungs- und Ausnützungswährung gelegen. Insbesondere der Verbraucher, der sich zur Begleichung von Verbindlichkeiten in Euro typischerweise den Kredit in Euro auszahlen lässt, wird damit über den „Inhalt seiner Rückzahlungsverpflichtung“ im Unklaren gelassen. Die Klausel verschleiert dem Kreditnehmer in diesem Fall auch das Währungsrisiko, weil nicht klar ist, ob der Kredit in Euro oder in Fremdwährung ausgenützt wurde. Der Oberste Gerichtshof hält damit zwar an seinen zu 8 Ob 37/20d getätigten Aussagen fest, relativiert diese aber für den Fall, dass den Kreditnehmern faktisch Euro ausgezahlt wurden und die vertragliche Vereinbarung die Ausnützungswährung nicht klar erkennen lässt.

Zur Frage, ob und inwieweit die Risiko- und Kostenaufklärung bei Fremdwährungskrediten in die Beurteilung von Vertragsklauseln miteinzufließen hat, musste der OGH nicht mehr Stellung nehmen. Aus der Rsp des EuGH ergibt sich jedoch mittlerweile völlig eindeutig, dass im Rahmen der Transparenzprüfung die Aufklärung über die mit der Rückzahlung verbundenen Risiken und Kosten zu berücksichtigen ist. Die Prüfkriterien wurden jüngst sogar konkretisiert und verschärft (EuGH 10.06.2021, C-776/19 ua, Rn 72; siehe).

Welche Rechtsfolgen mit dem Entfall der Klausel verbunden sind, musste der OGH im Verbandsprozess ebenso nicht beantworten. Gerade die Rechtsfolgen unwirksamer Vertragsklausen in Fremdwährungskrediten sind aktuell Gegenstand vieler Individualprozesse und daher von großem Interesse.

Die Rückzahlungsverpflichtung ist ohne Zweifel eine bzw die Hauptleistungsverpflichtung des Kreditnehmers (so sieht es auch der EuGH, wenn sich Klauseln – wie gegenständlich - auf das Wechselkursrisiko beziehen: EuGH 10.06.2021, C-776/19 ua, Rn 56f). Wenn die Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers nicht mehr geregelt ist, stellt sich die Frage, was aufgrund dieser Vertragslücke mit dem Kreditverhältnis als Ganzes geschieht. Ohne eine Regelung, wie bzw in welcher Währung die Kreditrückführung zu erfolgen hat, ist der Vertrag nicht mehr durchführbar.

Eine Ersetzung der unwirksamen Klausel wäre nach der jüngsten Rsp des EuGH nur unter besonderen Voraussetzungen und wenn überhaupt nur mit dispositivem Recht möglich. Es stellt sich aber bereits auf nationaler Ebene die Frage, welche Bestimmung überhaupt zur Lückenschließung herangezogen werden könnte. Aufgrund der intransparenten Klausel ist nach Ansicht des OGH für den Kreditnehmer gerade nicht klar ersichtlich, dass er einen Fremdwährungskredit aufnimmt und dass die Grundlage seiner Rückzahlungsverpflichtung Fremdwährung sein soll. § 907b ABGB (oder dessen Vorgängerbestimmungen) käme aber überhaupt nur dann zur Anwendung, wenn eine Geldschuld in ausländischer Währung bestünde. Die gegenständliche Klausel betrifft den Fall, dass weder die Auszahlungssumme in Fremdwährung ausgedrückt ist, noch – wie der OGH eben betont ‑ die Währung für die Rückzahlung der Kreditsumme klar bestimmbar ist. § 907b ABGB ist daher schon mangels eindeutigen Vorliegens einer Fremdwährungsschuld rein denklogisch nicht anwendbar. Es bleibt also bei der Undurchführbarkeit des Kreditvertrags.

Die gegenständliche Klausel ist ferner nicht nur intransparent, sie überwälzt auch das unbegrenzte Währungsrisiko zur Gänze auf den Kreditnehmer und ist damit auch missbräuchlich. Der EuGH geht bei Klauseln, die dem Verbraucher das unbegrenzte Wechselkursrisiko aufbürden, davon aus, dass sie ein erhebliches Missverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien verursachen können (EuGH 10.06.2021, C-776/19 ua, Rn 100ff).

Wer im Zuge der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung das Währungsrisiko zu tragen hat, lässt sich vor diesem Hintergrund anhand des unionsrechtlichen Effektivitätsgebots recht einfach beantworten. Dem Effektivitätsgebot kann nur entsprochen werden, wenn die Wirkungen der intransparenten und missbräuchlichen Klausel vollständig entfallen.

Das Währungsrisiko trägt also die Bank.

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